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Folge des Klimawandels Die Erde wird dunkler

Weil helle, reflektierende Wolken in einigen Gebieten weniger werden, verdunkelt sich der Planet. Heute reflektiert die Erde weniger Sonnenlicht als noch vor 20 Jahren. Für die Erderwärmung ist das keine gute Nachricht.
Ein Blick aus dem All auf den Pazifischen Ozean

Ein Blick aus dem All auf den Pazifischen Ozean

Foto: Harvepino / Panthermedia / imago images

Die Erderwärmung hat offenbar Einfluss auf die Helligkeit der Erde: Der Planet reflektiert immer weniger Licht. Die Ursache könnten die steigenden Temperaturen im Pazifik sein.

Das ist das Ergebnis einer neuen Studie , die in der Fachzeitschrift »Geophysical Research Letters« erschienen ist.

Für die Untersuchung werteten die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Messdaten der Sonneneinstrahlung zwischen den Jahren 1998 und 2017 aus. Ziel der Erhebung sei es gewesen, »die täglichen, monatlichen, saisonalen, jährlichen und dekadischen Veränderungen der terrestrischen Albedo aus dem Erdschein genau zu bestimmen«.

Ein halbes Watt weniger Licht pro Quadratmeter

Der Reflexionsgrad, den man Albedo nennt, hat demnach in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich abgenommen: Die Erde reflektiere heute etwa ein halbes Watt weniger pro Quadratmeter als vor 20 Jahren.

Die blauen und schwarzen Punkte zeigen den Rückgang der Albedo anhand von zwei unabhängigen Messreihen.

Die blauen und schwarzen Punkte zeigen den Rückgang der Albedo anhand von zwei unabhängigen Messreihen.

Foto: Geophysical Research Letters; Goode et al. (2021)

Der größte Teil des Rückgangs sei in den letzten drei Jahren des Messzeitraums zu verzeichnen gewesen. Die Abnahme des Reflexionsvermögens der Erde lasse sich auf etwa 0,5 Prozent beziffern. Normalerweise reflektiert der Planet etwa 30 Prozent des einfallenden Sonnenlichts.

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Fotos [M]: Getty Images (6); Julia Steinigeweg

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»Nachdem die Albedo 17 Jahre lang fast unverändert geblieben ist, war der Albedo-Rückgang für uns eine große Überraschung, als wir die Daten der letzten drei Jahre analysiert haben«, sagte der Wissenschaftler und Hauptautor der Studie Philip Goode, der am New Jersey Institute of Technology arbeitet.

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An der Sonne liegt es nicht

Wie viel Licht zurückgeworfen wird, hängt natürlich auch davon ab, wie viel Licht einfällt – also, wie hell die Sonne ist. Der Studie zufolge lässt sich jedoch kein Zusammenhang zwischen der veränderten Albedo der Erde und normalen, immer wieder auftretenden Veränderungen der Sonnenhelligkeit feststellen. Folglich werde die Veränderung des Reflexionsvermögens der Erde durch Entwicklungen auf der Erde verursacht.

Daten des Nasa-Projekts »Clouds and the Earth's Radiant Energy System«, also »Wolken und das Strahlungsenergiesystem der Erde«, geben Aufschluss über eine der Entwicklungen auf dem Planeten. Seit einigen Jahren sei zu beobachten, dass die hellen, Licht reflektierenden, tief liegenden Wolken über dem östlichen Pazifik  weniger werden.

In eben jenem Gebiet vor den Westküsten Nord- und Südamerikas wurde auch ein Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen  festgestellt, der wahrscheinlich mit dem globalen Klimawandel zusammenhängt. Die Oberflächentemperatur des Wassers könnte die Wolkenbildung beeinflussen – und damit das Rückstrahlvermögen der Erde.

»Das ist ziemlich besorgniserregend«

Edward Schwieterman, Astrobiologe

Die Verdunkelung der Erde lässt sich auch daran ablesen, wie viel mehr Sonnenenergie vom Klimasystem der Erde eingefangen wird. Wenn zusätzliche Sonnenenergie in die Erdatmosphäre und die Ozeane gelangt, trägt sie zur globalen Erwärmung bei. Die Erde wird wärmer, reflektiert weniger Licht, wodurch sie noch wärmer wird.

»Das ist ziemlich besorgniserregend«, sagte Astrobiologe Edward Schwieterman von der University of California in Riverside, der nicht an der neuen Studie beteiligt war. Eine Zeit lang hätten viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehofft, dass eine wärmere Erde zu mehr Wolken und einer höheren Albedo führen könnte, sagte er weiter. Das hätte wiederum dazu beigetragen, die Erwärmung zu dämpfen und das Klimasystem auszubalancieren. »Aber diese Studie zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist.«

vki
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