Elyanne

Die kleine «Umweltkriegerin» Ellyanne Wanjiku © mtotonewsblog

Kenia: Dieses Mädchen will eine Million Bäume pflanzen

Georges Hallermayer /  Ellyanne Wanjiku kämpft in Afrika für eine grünere und bessere Welt.

Die neunjährige Ellyanne Wanjiku Chlystun lebt in Kenia und steht auf der Business-Plattform «urbwise» in der Ehrenliste «phänomenaler Frauen, die nationale Anerkennung verdienen». Das hat sie mit ihrer «grossen Schwester» Greta Thunberg aus Schweden gemein. Und wie Greta stammt auch Ellyanne Wanjiku aus einem vermögenden Elternhaus der Mittelschicht. In Nairobi besucht sie eine multikulturelle Privatschule mit britischen Standards. Aber anders als viele gleichaltrige Mädchen träumt Ellyanne nicht von einer Karriere als Model oder Pop-Star – ihr grosses Vorbild ist die kenianische Wissenschaftlerin und Umweltpolitikerin Wangari Maathai.
Wangari Maathai promovierte 1971 als erste Frau Ost- und Zentralafrikas. Inspiriert von Algeriens Wiederaufforstungsprogramm «Barrage vert» gründete sie 1977 das «Green Belt Movement». Mit ihrem unerschütterlichen Engagement für Naturschutz und Frauenrechte eckte Wangari Maathai bei der damals herrschenden Regierung an und wurde mehrmals inhaftiert. 2004 erhielt sie als erste Frau Schwarzafrikas den Friedensnobelpreis. Bis heute hat das Green Belt Movement mehr als 45 Millionen Bäume gepflanzt und damit vielen Menschen eine Einkommensquelle gesichert. 

Schon im Alter von sechs Jahren eiferte die kleine Ellyanne ihrem Vorbild Wangari Maathai nach: Sie wollte ebenfalls Bäume pflanzen – mindestens eine Million. Im Juni 2019 gab sich die heute Neunjährige etwas realistischer: Bis jetzt habe sie 509 Bäume gepflanzt, wolle aber die Zehntausender-Marke erreichen, sagte sie gegenüber «Mtoto News». Laut der kenianischen Internet-Plattform «Business Today» vom 22. August hat sie inzwischen mehr als 1500 Bäume geschafft.
Jüngste «Umwelt-Kriegerin» aller Zeiten
Ellyannes Pflanzaktionen zogen in den letzten Jahren weite Kreise. In kurzer Zeit folgten ihrem Beispiel Kinder an anderen Schulen, in anderen Städten und Dörfern. Zusammen mit dem Netzwerk «Children with Nature», dessen Botschafterin das Mädchen heute ist, kämpft Ellyanne unermüdlich für eine grünere und nachhaltigere Umwelt.
Im Jahr 2017 erfuhr die kleine Ellyanne Wanjiku offizielle Anerkennung an der Generalversammlung des Umweltprogramms der UNO «UNEP Global Environment Assembly» in Nairobi. «Bildung ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir eine junge Generation von Umweltkriegern schaffen wollen, um die enormen Umweltherausforderungen zu bewältigen, mit denen die Welt konfrontiert ist», sagte Sam Barratt von UNEP.
Ein Jahr später wurde Ellyanne Wanjiku zur jüngsten «Umwelt-Kriegerin» aller Zeiten ernannt. Titel und Preis, der «Eco Warrior Award», wurde ihr von der «Kenya Tourist Federation» verliehen.
In den letzten Jahren hat Ellyanne ihren Aktionsradius erweitert. Um die Menschen in Kenia auf das Problem des Klimawandels aufmerksam zu machen, lancierte sie den landesweiten Schreib- und Kunst-Wettbewerb «Kenya Climate Change Art and Essay Competition». Unterstützt wurde der Wettbewerb vom Erziehungsministerium, von USAid und von KEPSA, der Lobby der kenianischen Privatwirtschaft.
Die Bewegung «Children with Nature» macht mittlerweile mit dem staatlichen «Kenya Forest Service» und der Tierschutz-Organisation «Rhino Acre» zusammen Aktionen im ganzen Land und wird dabei unter anderem von der «Safaricom Foundation» unterstützt, der Stiftung des grössten Mobilfunkbetreibers Ost- und Zentralafrikas, einem staatlich-privaten Mischkonzern.

Kenias Wälder sind bedroht

Der «Mau Eburu Forest», um den sich Ellyanne Wanjiku besonders kümmert, ist nur 87,50 Quadratkilometer gross. Auch in Kenia ist der Wald aber verletzlich, wie folgende Zahlen verdeutlichen: Im Jahr 1960 machte der Wald 40 Prozent der gesamten Fläche Kenias aus, heute nur noch 25 Prozent. Der Verlust an Waldfläche ist das Resultat von Abholzung für Feuerholz, Brandrodungen für die Landgewinnung und Zersiedlung durch illegale Bauten. Laut «Safafricom Report 2017» ist damit das grösste Wassereinzugsgebiet des Landes bedroht. Der grösste Mobilfunkbetreiber Ostafrikas, Safaricom, habe deshalb mit der nationalen Forstbehörde vereinbart, in den nächsten fünf Jahren für das Anpflanzen von fünf Millionen einheimischen Bäumen aufzukommen, berichtete «Business Today» am 22. August. Darüber hinaus hat die halbstaatliche Safaricom zugesichert, bis 2050 ein Unternehmen mit Zero-CO2-Emissionen zu sein, also die aktuell gemessenen 65’000Tonnen Kohlendioxyd auf null zu reduzieren.
Das Aufforstungsprogramm des Kenianischen Staatspräsidenten Uhuru Kenyatta sieht vor, dass bis zum Jahr 2022 zehn Prozent des Landes von Wald bedeckt sein sollen. Dazu müssten aber jedes Jahr eine halbe Million Bäume gepflanzt werden. Die staatliche Forstbehörde will die Hälfte übernehmen, die anderen 250’000 Bäume anzupflanzen, sei die Bevölkerung aufgefordert, so Forst-Chef Peter Kenya.
Das wird zu schaffen sein, wenn es Ellyanne Manjiku und ihren Mitstreitern gelingt, die Bevölkerung für Pflanzaktionen zu mobilisieren. Kenias nördlicher Nachbar Äthiopien hat es vorgemacht: Über alle ethnischen Unterschiede hinweg habe die Bevölkerung an einem freien Tag 350 Millionen Bäume gepflanzt, verlautbarte stolz Premierminister Aby Ahmed in «Climate Change News» vom 31. Juli 2019.
Generell verspricht man sich von dem Projekt, dass es unter aktiver Beteiligung der Bevölkerung die örtliche Wirtschaft stimuliert – vor allem Kleinbetriebe, Baumschulen, Imkereien und Öko-Tourismus. Durch die Aufforstungen sollen neue Jobs entstehen und die Armut im Land bekämpft werden. Als Modell dient das erfolgreiche Aufforstungsprogramm in der chinesischen Kubuqi-Wüste. Das UN-Umweltprogramm beschrieb die Region als «ein globales ökologisch-ökonomisches Vorbild» («Chinafrica» vom 29. Mai 2019), weil es ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung vereint.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Georges Hallermayer, Jahrgang 1946, studierte in München Verwaltungswissenschaft, danach Geschichte, Germanistik und Sozialwissenschaft und erhielt schliesslich Berufsverbot anlässlich des Radikalenerlasses im Jahre 1972. Er lebt seit 30 Jahren in Frankreich und arbeitete als Dozent und stellvertretender Centrumsleiter bei den Carl-Duisberg-Centren. Weitere Informationen unter weltsolidaritaet.blogspot.com.

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3 Meinungen

  • am 29.09.2019 um 12:41 Uhr
    Permalink

    Das Pflanzen von Bäumen hat bewiesen, dass damit die Wüste gestoppt werden kann, denn für einen grossen Teil der Wüsten und der Versteppung der Oberflächen ist der Mensch verantwortlich. Stellt sich jetzt nur die Frage, ob mit Bäumen die Klimaerwärmung reduziert werden kann. In der Urzeit gab es schon kalte und warme Phasen auf der Erde.
    Das Problem ist, dass wir Menschen uns nur an das erinnern können, was wir selbst erlebt haben. Hier muss aber mit viel, viel grösseren Zyklen gerechnet werden, so dass die heute lebenden Menschenden die nächste Abkühlung nicht mehr erleben werden.

    In der Schweiz nimmt zum Glück die Waldfläche zu. Der Wald adaptiert sich von selbst an die Klimaveränderung, indem andere Baumarten zu wachsen beginnen.

  • am 30.09.2019 um 11:09 Uhr
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    Die Schüler der «FFF» könnten anstatt streiken diesem Mädchen helfen. Aber eben, streiken und auf den Strassen herum grölen ist einfacher als konstruktive Arbeit zu leisten.

  • am 1.10.2019 um 09:22 Uhr
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    Hans Rudolf Knecht: Sie sind ein Banause… das eine hat mit dem anderen wenig zu tun. Sie *könnten* da zwar helfen, aber wie kämen sie dahin? Mit dem Flugzeug. Sie werden bestimmt zu denen gehören, die den Schulstreikenden auch vorwerfen, trotzdem mit dem Flugzeug in die Ferien zu fliegen, etc.

    Was diese kleine Frau da macht, ist grossartig. Sie tut es dort, wo sie zuhause ist, und wo es nötig wird, denn Kenia grenzt im Norden an die Sahel-Zone, ist also direkt von der Versteppung und vielleicht auch von der sich ausbreitenden Wüste bedroht.

    Unsere Schulstreikenden tun etwas anderes. Sie erinnern uns an unsere Schuld, und das hören wir natürlich höchst ungern. Sie haben aber recht.

    Dass die Kinder der Schule fernbleiben, nimmt ihnen kaum viel weg. Das, was sie dabei an Lebenserfahrung gewinnen, kann von keiner Schule aufgefangen werden.

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